Jüdischer Friedhof Dass sich der Jüdische Friedhof heute am Fuß des Seebergs befindet, ist die Folge einer willkürlichen Schändung durch den Landesherrn. Denn bereits in den Zobel’schen Schutzbriefen war den Freudentaler Juden die Einrichtung eines Friedhofs zugebilligt worden. Dieser erste Friedhof lag im Alleenfeld zwischen dem Königsträßle und der Straße nach Löchgau. Doch 1811 beschloss König Friedrich, auf eben diesem Gelände eine Fasanerie errichten zu lassen. Der Jüdische Friedhof wurde eingeebnet, die Grabsteine wurden in Häusern verbaut oder landeten im Wegebau. Der neue Friedhof wurde auf Bönnigheimer Gemarkung am Fuß des Seebergs angelegt. Seine abgeschiedene Lage am Waldrand entspricht sowohl der religiösen Bestimmung, wonach jüdische Begräbnisplätze extra muros zu liegen haben, als auch der Ausgrenzungstendenz der christlichen Mehrheitsgesellschaft. Ursprünglich umfasste er nur die Fläche rechts des heutigen Eingangstors. Der älteste Grabstein ist der der Pesle Ballenberg, die am 35 Freudental – Infoheft halle in Beschlag, 1943 wurde es förmlich „arisiert“ und 1955 – nach vorübergehender Restitution an die Israelitische Religionsgemeinschaft in Stuttgart – an einen Handwerker verkauft, der es als Schlosserei nutzte. Die Synagoge verfiel, im Oktober 1979 schien ihr Abbruch nach einem Beschluss des Freudentaler Gemeinderats nicht mehr zu verhindern. Doch gelang es einer Bürgerinitiative, die sich 1980 zum Förder- und Trägerverein ehemalige Synagoge Freudental zusammenschloss, die Synagoge zu kaufen und mit Hilfe des Landkreises zu retten. Nach aufwändiger Sanierung, bei der im Dachstuhl eine Genisa gefunden wurde, konnte das Gebäude am 17. Januar 1985 seiner neuen Bestimmung als Pädagogisch-Kulturelles Centrum Ehemalige Synagoge Freudental übergeben werden. Als Tagungs- und Bildungsstätte mit eigenem Gästehaus veranstaltet das PKC Seminare, Tagungen, Ausstellungen, Vorträge, Theater- und Konzertabende. Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen auf Demokratieerziehung und Erinnerungsarbeit. Dafür stehen mit der Ausstellung der Genisa-Funde auf der Frauenempore und den Schwarz-Weiß-Fotos von Erich Sonnemann aus dem Jahr 1938 zwei besondere Schätze bereit. Wir können jüdische Tradition und jüdische Religion in der guten Normalität des nachbarschaftlichen Zusammenlebens von Christen und Juden hier in Freudental anhand der vielfältigen Funde der Genisa vermitteln. Und die eindrucksvollen Bilder des LAST SUMMER zeigen sowohl die Arbeit als auch die fröhliche Gemeinschaft der letzten jüdischen Freudentalerinnen und Freudentaler: Jüdinnen und Juden sind hier nicht zuerst als Opfer der Schoah, sondern als Menschen in ihrem Alltag sichtbar. Die intensive pädagogische Arbeit des PKC mit den Schulen im Landkreis trägt Früchte, denn unser Verein konnte in den vergangenen Jahren bereits mit elf Schulen und einer Hochschule Kooperationsverträge abschließen. 11 11 4. Dezember 1811 starb. Der Friedhof wurde im Wesentlichen von hinten nach vorne belegt, wobei Frauen und Männer zunächst in getrennten Reihen bestattet wurden. Alle älteren Grabmale sind aus Sandstein, meist handelt es sich um flache Stelen. Ihr einziger, aber häufiger Schmuck sind Rundbogenabschlüsse. Das Vorbild der mosaischen Gebotstafeln ist offenkundig. Nach und nach wurden die Rundbögen von Giebeln und Gesimsen abgelöst. Die Inschriften sind zunächst fast durchgängig hebräisch. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts mehren sich Steine, bei denen zur hebräischen Vorderseite eine deutsche Inschrift auf der Rückseite tritt. Mit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert häufen sich dann Stelen mit zweisprachiger Vorderseite. Grabmale mit rein deutscher Inschrift bleiben auch im 20. Jahrhundert eine Ausnahme. Der Freudentaler Friedhof dokumentiert so zwar einerseits die Annäherung der jüdischen Gemeinde an die nichtjüdische Umgebung. Er ist aber zugleich ein Ausweis des religiösen Konservatismus, der für die Freudentaler
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